Gesetzliche Kündigungsfristen nach § 622 BGB
Kündigungsfristen können sich aus vertraglichen Absprachen oder aus dem Gesetz ergeben, wobei die gesetzlichen Kündigungsfristen nur dann eingreifen, wenn es an einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien des Arbeitsverhältnisses fehlt. Zum Schutze besonderer Arbeitnehmergruppen besteht jedoch eine Reihe von gesetzlichen Regelungen, die auch den vertraglichen Vereinbarungen vorgehen.- Arbeitsvertrag
- Tarifvertrag
Gesetzliche Kündigungsfristen
Grundkündigungsfrist
Die so genannte Grundkündigungsfrist ist in § 622 Abs. 1 BGB geregelt. Danach ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch beide Vertragsparteien mit einer Frist von vier Wochen (28 Tage) zum 15. oder zum Ende eines Monats möglich.Längere Kündigungsfristen
Je nach Dauer des Beschäftigungsverhältnisses kann sich die Grundkündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 2 BGB verlängern. Gelten im Einzelfall die verlängerten Kündigungsfristen nach dieser Bestimmung, ist eine Kündigung nur zum Ende des Monats zulässig. Zu beachten ist, dass die verlängerten Kündigungsfristen grundsätzlich nur für den Arbeitgeber einzuhalten sind. Der Arbeitnehmer kann folglich auch bei längerer Betriebszugehörigkeit mit der in § 622 Abs. 1 BGB geregelten Grundkündigungsfrist kündigen. Abweichendes gilt nur dann, wenn dies einzel- oder tarifvertraglich bestimmt wird (dazu nachfolgend Näheres).Längere Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 2 BGB
Dauer der Beschäftigung | gesetzliche Kündigungsfrist (jeweils zum Monatsende) |
2 Jahre | 1 Monat |
5 Jahre | 2 Monate |
8 Jahre | 3 Monate |
10 Jahre | 4 Monate |
12 Jahre | 5 Monate |
15 Jahre | 6 Monate |
20 Jahre | 7 Monate |
Arbeitszeiten vor Vollendung des 25.Lebensjahres
Bei den verlängerten Kündigungsfristen sollen nach § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB Arbeitzeiten vor Vollendung des 25.Lebensjahres nicht berücksichtigungsfähig sein. Diese Bestimmung verstößt gegen die Antidiskriminierungsvorschriften der EU, wie sie in der Richtlinie 2000/78/EG im Einzelnen niedergelegt sind. Dies hat der Europäische Gerichtshof in einem zur österreichischen Rechtslage ergangenen Urteil entschieden (EuGH, Urteil v. 18.06.2009, Az. C-88/08). Wegen ihrer Unvereinbarkeit mit dem Europarecht wird § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB von deutschen Gerichten daher nicht angewandt.Verkürzung der Grundkündigungsfrist
Die vierwöchige Grundkündigungsfrist ist grundsätzlich vertraglicher Disposition entzogen. Eine Verkürzung dieser Grundkündigungsfrist ist daher vertraglich nicht möglich. Hiervon macht das Gesetz in § 622 Abs. BGB zwei Ausnahmen. Danach kann eine Verkürzung der Grundkündigungsfrist in Betracht kommen bei- kurzzeitiger Beschäftigung von Aushilfskräften
- in Kleinbetrieben mit Auszubildenden
Vereinbarung abweichender Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 2 BGB
Die Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB sind dagegen abweichender vertraglicher Vereinbarung im Arbeitsvertrag zugänglich. Eine Verkürzung der Kündigungsfristen ist dabei jedoch an die Bedingung gebunden, dass auf eine tarifvertragliche Verkürzungsklausel in dem Einzelarbeitsvertrag ausdrücklich verwiesen wird. Die Verlängerung der Kündigungsfristen aus § 622 Abs. 2 BGB ist dagegen ohne weiteres möglich. Zulässig in Arbeitsverträgen ist auch eine Vereinbarung zwischen den Parteien, wonach die verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB auch für Arbeitnehmer gelten sollen. Damit wird die bereits erwähnte Grundregel außer Kraft gesetzt, wonach der Arbeitnehmer auch nach längerer Betriebszugehörigkeit stets mit der vierwöchigen Grundkündigungsfrist das Arbeitsverhältnis beenden kann. Die Rechtsprechung hält derartige Regelungen in Arbeitsverträgen grundsätzlich für zulässig (BAG, Urteil v. 28.05.2009, 8 AZR 896/07).Schutzbestimmung des § 622 Abs. 6 BGB
Nicht zulässig wären demgegenüber solche Vereinbarungen in Arbeitsverträgen, die gegen die Bestimmung des § 622 Abs. 6 BGB verstoßen. Nach dieser Vorschrift dürfen für die Kündigung durch den Arbeitnehmer keine längeren Kündigungsfristen vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber. § 622 Abs. 6 BGB ist eine Schutzbestimmung zugunsten von Arbeitnehmern. Daraus folgt, dass zwar die vertragliche Vereinbarung längerer Arbeitnehmerkündigungsfristen unzulässig ist, nicht aber eine Regelung, die längere Kündigungsfristen für den Arbeitgeber vorsehen. In Tarif- und Arbeitsverträgen können solche Vereinbarungen über längere Kündigungsfristen für den Arbeitgeber getroffen werden.Abweichende Regelungen durch Tarifvertrag
§ 622 Abs. 4 BGB eröffnet den Tarifparteien die Möglichkeit, die Kündigungsfristen des § 622 Abs. 1 und 2 BGB abweichend zu regeln. Die Rechtsprechung hat hierzu klargestellt, dass im Tarifvertrag grundsätzlich auch zulasten der Arbeitnehmer kürzere Kündigungsfristen vereinbart werden können als die auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit abstellenden Fristen des § 622 Abs. 2 BGB (BAG, Urteil v. 23.04.2008, 2 AZR 21/07).Kündigungsfristen in der Probezeit
Die gesetzliche Kündigungsfrist in der Probezeit beträgt nach § 622 Abs. 3 BGB zwei Wochen. Diese Mindestfrist gilt in Probearbeitsverhältnissen aber längstens für die Dauer von sechs Monaten. Bei längeren Probearbeitsverhältnissen lebt daher nach Ablauf dieser sechs Monate die Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB wieder auf. Die Kündigung des Probearbeitsverhältnisses ist daher nur unter Einhaltung einer vierwöchigen Kündigungsfrist möglich, wenn die Kündigung nach Ablauf von sechs Monaten Arbeitszeit erfolgen soll.Folgen für die Kündigungsfristen bei Insolvenz
Die Insolvenz des Arbeitgebers berührt den Bestand des Arbeitsverhältnisses zunächst nicht. Allerdings hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Dabei beträgt die Kündigungsfrist drei Monate zum Monatsende. Dieses Recht besteht auch dann, wenn das ordentliche Kündigungsrecht vertraglich ausgeschlossen wurde oder wenn eigentlich längere Kündigungsfristen tarifvertraglich bestimmt wurden.Besonderer gesetzlicher Kündigungsschutz
Zugunsten bestimmter Beschäftigtengruppen bestehen besondere gesetzliche Regelungen für den Kündigungsfall.Schwerbehinderte Arbeitnehmer
Schwerbehinderten Arbeitnehmern darf nur gekündigt werden, wenn das Integrationsamt zuvor seine Zustimmung hierzu nach § 85 SGB IX erteilt hat. Der Arbeitgeber hat binnen vier Wochen nach Erhalt dieses Zustimmungsbescheides sodann die Kündigung auszusprechen. Kündigt der Arbeitgeber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer ohne die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt zu haben, so ist diese Kündigung unwirksam, und kann mit der Kündigungsschutzklage angegriffen werden. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser besonderen Kündigungsschutzvorschriften ist eine mindestens sechsmonatige Beschäftigung des Schwerbehinderten in dem Betrieb.Kündigungsschutz für Mütter und Eltern
§ 9 des Mutterschutzgesetzes normiert einen besonderen Kündigungsschutz für schwangere Arbeitnehmerinnen und junge Mütter. Danach ist eine Kündigung unwirksam, die während der Schwangerschaft oder bis zu vier Monaten nach der Entbindung ausgesprochen wird. Das Gesetz gewährt auch für Eltern besonderen Kündigungsschutz. Nach § 18 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen- von dem Zeitpunkt an, da die Elterzeit verlangt wird
- während der Elternzeit
Kündigungsschutz für bestimmte Amtsinhaber
Besonderen Kündigungsschutz genießen auch folgende Funktionsträger- Mitglieder des Betriebsrates
- Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung
- Mitglieder des Wahlvorstandes
- Wahlwerber
- während ihrer Amtsdauer
- innerhalb eines Jahrs nach Beendigung der Amtszeit
Fristenlauf bei der Kündigung
Ausschlaggebend für den Beginn des Fristenlaufes ist die Kündigungserklärung. Mit Zugang der schriftlichen Kündigungserklärung bei dem Arbeitnehmer wird die Kündigungsfrist in Lauf gesetzt. Dabei bleibt allerdings der Tag des Zugangs der Kündigungserklärung selbst unberücksichtigt. Dies folgt aus § 187 Abs. 1 BGB, wonach dann, wenn für den Anfang einer Frist ein Ereignis maßgebend ist, bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgezählt wird, auf welchen das Ereignis fällt. Demgemäß beginnt die Kündigungsfrist an dem Tag zu laufen, der auf den Zugang der Kündigungserklärung folgt. Daraus folgen beispielsweise für den Fall der Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB (vier Wochen Kündigungsfrist) folgende Kündigungstermine: Soll dem Arbeitnehmer zum Monatsende gekündigt werden, so muss ihm die Kündigung- in Monaten mit 31 Tagen spätestens am 3.
- in Monaten mit 30 Tagen spätestens am 2.
- in Monaten mit 31 Tagen spätestens am 18.
- in Monaten mit 30 Tagen spätestens am 17.
- im Februar spätestens am 15. bzw. 16. (Schaltjahr)
Autor: Rechtsanwalt Kristian Hüttemann
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3 Kommentare
arsenal am 28.09.21 um 15:12 Uhr
hallo
ich habe am 27. gekündigt. 28 tage kündigungsfrist also letzter tag.letzter arbeitstag wäre dann der 25. 7 tage resturlaub letzter tag wäre dann der 13.
arbeitgeber verlangt nun eine kündigung zum 31. darf er meine kündigungsfrist so einfach verlängern ? ich rede hier von einem mini-job
mfg
circo am 01.06.21 um 13:42 Uhr
Meine Meinung als Nichtjurist:
Sie als Arbeitnehmer können mit 4 Wochen kündigen; der Arbeitgeber muss die 5 Monate Kündigungsfrist einhalten.
Cori am 16.05.21 um 15:54 Uhr
Hallo,
ab dem 01.08.2021 habe ich 15 Jahre bei meinem jetzigen Arbeitgeber voll. Nun habe ich Aussicht auf eine Anstellung in einem neuen Unternehmen und bin mir nicht sicher über meine gültige Kündigungsfrist.
Mein Arbeitsvertrag sagt dazu folgendes : "Eine Kündigung des Anstellungsvertrags ist beidseitig unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von vier Wochen zulässig. Verlängert sich die Kündigungsfrist einseitig (§622 II BGB), so gilt die verlängerte Frist gleichermaßen für beide Arbeitsvertragsparteien."
Kann ich nun mit einer Frist von vier Wochen kündigen oder sind es fünf Monate gemäß BGB (da die 15 Jahre zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht voll sind)?
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